(Quelle: donaukurier.de - Johannes Greiner)

Wackersdorf

Wuchtig steht das große Holzkreuz mit der schmerzgekrümmten Jesusfigur im stillen Taxöldener Forst. Man sieht ihm seine bewegte Geschichte nicht gleich an, die mitten in ein entscheidendes Kapitel der deutschen Atompolitik reicht – und in eine der erbittertsten Auseinandersetzungen zwischen Bürgerwillen und Staatsgewalt in der Geschichte der Bundesrepublik.

 

Holzkreuz
Jesusfigur, Atompolitik
 

Hier bei Wackersdorf in der Oberpfalz sollte in den 80er Jahren eine Wiederaufarbeitungsanlage für abgebrannte Brennelemente aus Atomkraftwerken – kurz WAA – gebaut werden – der Schlussstein des Atomenergie-Kreislaufs. Kurz zuvor war der Braunkohletagebau in Wackersdorf eingestellt worden, die Arbeitslosenzahl war hoch. Die „industriegewohnte“ Bevölkerung werde die Plutoniumfabrik schon tolerieren, so das Kalkül des damaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Er sollte sich täuschen.

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Quelle: BUU Hamburg

Das Projekt bringt die ganze Region in Aufruhr. Als Ende 1985 die Arbeiter anrücken, um den Wald für den WAA-Bauplatz zu roden, besetzen Atomkraftgegner den Platz und bauen ein Hüttendorf. Unter ihnen der junge Bildhauer Stefan Preisl, der in aller Eile eine Jesusfigur für ein großes Kreuz schnitzt. Der Jesus wird mit dem Hüttendorf von der Polizei geräumt und in der Nähe, neben dem Franziskus-Marterl, wieder aufgestellt. Er ist ein Symbol für den immer heftiger werdenden Widerstand gegen die Atomfabrik – bis er eines Nachts unter den Augen der Polizei spurlos verschwindet. Nur die abgerissenen Hände bleiben, sie hängen heute noch als Mahnung an einem Baum auf der Lichtung. (...)